Rechtliche Schritte

Wenn Sie Gewalt oder eine Straftat erlebt, gesehen oder gehört haben, haben Sie die Möglichkeit, rechtliche Schritte einzuleiten. Das gilt auch, wenn Sie jemanden kennen, der betroffen ist. Wir geben Ihnen hier einen Überblick über die wichtigsten Informationen.

Eine Strafanzeige ist eine Meldung an die Polizei, dass etwas Verbotenes geschehen ist. Zum Beispiel wird etwas absichtlich beschädigt oder gestohlen. Auch die Verletzung einer Person durch eine andere Person fällt darunter. Die Polizei muss diese Meldung ernst nehmen und weitere Ermittlungen durchführen.

Manchmal ist es nicht klar, ob das, was man erlebt, gesehen oder gehört hat, eine Straftat ist. Wenn Sie sich nicht sicher sind, können Ihnen die Polizei oder Beratungsstellen helfen, das Erlebte einzuordnen. Manchmal handelt es sich tatsächlich nicht um eine Straftat, obwohl die Situation sehr belastend ist. In solchen Fällen kann ein Gespräch mit einer vertrauten Person oder in einer Beratungsstelle hilfreich sein.

Jeder Mensch hat das Recht, eine Straftat anzuzeigen. Wenn Sie mitbekommen, dass eine Person einen Raub oder Schlimmeres plant, ist die Anzeige einer Straftat sogar verpflichtend.

Zudem ist es möglich eine Anzeige gegen Unbekannt zu stellen. In der Regel können Sie die Entscheidung, etwas zur Strafanzeige zu bringen, gut überdenken. Lassen Sie sich gegebenenfalls dazu beraten.

Es gibt mehrere Wege eine Strafanzeige zu stellen.

Polizei

Sie können eine Strafanzeige mündlich oder schriftlich bei der Polizei stellen. Dies machen Sie entweder vor Ort in einer Polizeiwache Ihrer Wahl oder online über die Internetwache. Alle Dienststellen und die Internetwache finden Sie hier:

Besonders schwere Straftaten zeigen Sie am besten direkt beim zuständigen Landeskriminalamt (LKA) an. Jede andere Polizeiwache nimmt diesbezügliche Anzeigen selbstverständlich auch entgegen und leitet sie dann an das zuständige LKA weiter. Eine Auflistung aller LKA-Abteilungen mit den jeweiligen Zuständigkeiten finden Sie hier: Abteilungen des LKA

Staatsanwaltschaft oder Amtsgericht

Auch bei der Staatsanwaltschaft oder dem Amtsgericht können Sie schriftlich eine Strafanzeige stellen. Oder Sie geben sie auf der Rechtsantragsstelle des Amtsgerichtes mündlich zu Protokoll.

Die Rechtsantragsstelle für Bußgeld- und Strafsachen befindet sich hier:

Hauptgebäude Turmstraße (Strafsachen)
Zimmer B 026
Eingang über Wilsnacker Str. 4

Eine Straftat können Sie grundsätzlich zu jeder Zeit anzeigen. Eine rechtliche Frist zur Anzeigeerstattung gibt es nicht. Je rascher nach dem Vorfall Sie anzeigen, desto besser kann die Polizei oder Staatsanwaltschaft ermitteln. Trotzdem können Sie in Ruhe überlegen, ob Sie den Tatbestand anzeigen möchten.

Zusätzlich gibt es eine Frist, die festlegt, wie lange Straftaten verfolgbar sind. Diese Fristen sind unterschiedlich und durch Gesetze festgelegt. Welche Verjährungsfristen welche Straftat hat, können Ihnen Rechtsanwält*innen erklären.

Wenn Sie eine Strafanzeige erstatten, werden Sie von einem*einer Polizist*in befragt. Das bedeutet, dass Sie schildern müssen, was passiert ist.

Meistens fragt die Polizei sehr genau nach und schreibt Ihre Aussage als Protokoll auf. Das Protokoll können Sie am Ende Ihrer Aussage lesen. Wenn etwas nicht richtig protokolliert wurde, sollten Sie es unbedingt ändern lassen.

Alles, was Sie bei der Aussage zu Protokoll geben, muss der Wahrheit entsprechen. Sagen Sie dem*der Vernehmenden, wenn Sie nicht mehr alles wissen oder sich nicht erinnern können.

Nach der Anzeige ermittelt die Polizei und befragt zum Beispiel noch weitere Personen oder sammelt andere Beweise. Dies dauert häufig lange. Es ist ganz normal, wenn Sie erst längere Zeit nach der Anzeige wieder von der Polizei hören.

Bestimmte Straftaten heißen Offizialdelikte. Dazu zählen besonders schwere Verbrechen, wie zum Beispiel Tötungs- oder Sexualdelikte, schwere Körperverletzung oder Raub. Bei diesen Straftaten muss die Polizei ermitteln, sobald sie davon erfährt. Dabei ist es egal, ob sie durch eine Anzeige oder einen Polizeieinsatz davon erfahren hat.

Bei einigen Offizialdelikten hat der*die Betroffene besondere Rechte, zum Beispiel das Recht auf Nebenklage. Das bedeutet, dass man seine Rechte vor Gericht entweder selbst oder mithilfe eines*einer Rechtsanwält*in vertreten kann.

Weitere Auskünfte zur Nebenklage und zu Nebenklagevertreter*innen finden Sie hier: Nebenklagemerkblatt

Bei anderen nicht so gefährlichen Straftaten werden die Ermittler*innen nicht von selbst tätig. Zu diesen sogenannten Antragsdelikten zählen zum Beispiel Beleidigungen oder Hausfriedensbruch. Die betroffene Person muss innerhalb der ersten drei Monate nach der Tat einen Strafantrag stellen. Nur dann kann diese strafrechtlich verfolgt werden.

Das hat praktische Vorteile. Haben Sie einen Strafantrag gestellt, erhalten Sie ein Informationsrecht über den Ausgang des Verfahrens. Gegebenenfalls können Sie gegen die Einstellung des Verfahrens in Beschwerde gehen. Bitte lassen Sie sich über die Erfolgsaussichten von einem*einer Rechtsanwält*in beraten.

Viele Menschen, die von Straftaten oder Gewalt betroffen, Zeug*innen oder Angehörige sind, möchten mit einem Rechtsbeistand sprechen. Deshalb bieten viele Beratungsstellen die Möglichkeit einer kostenfreien Rechtsberatung mit einem*einer Rechtsanwält*in an. Eine Auflistung aller Beratungsstellen mit Rechtsberatung finden Sie hier.

Wenn Sie eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt beauftragen möchten, können Kosten entstehen. Die Rechtsanwält*innen müssen Sie über die entstehenden Kosten vorab informieren. Sie müssen auch Auskunft darüber geben, in welchen Fällen die Staatskasse diese übernehmen kann. Rechtsanwält*innen finden Sie hier.

Haben Betroffene wenig Geld zur Verfügung, kann der Staat die Kosten für eine rechtliche Beratung oder Vertretung bezahlen. Dies nennt man Beratungs- und Prozesskostenhilfe. Weitere Auskünfte und Voraussetzungen finden Sie hier:

Für junge Menschen bis 27 gibt es in Berlin an mehreren Stellen kostenlose Rechtsberatung:

Psychosoziale Prozessbegleitung ist eine spezielle Begleitung während eines Strafverfahrens. Anspruch darauf haben Kinder, Jugendliche und Erwachsene, wenn sie

  • eine (schwere) Gewalttat oder ein Sexualdelikt erlebt haben,
  • eine Anzeige erstatten möchten oder
  • bereits eine Anzeige gemacht haben.

Psychosoziale Prozessbegleiter*innen sind extra dafür ausgebildete Personen, die Betroffene während der gesamten Dauer des Strafverfahrens begleiten. Sie unterstützen sie emotional und versorgen sie mit wesentlichen Informationen.

Sie können zum Beispiel bei der Anzeige und in der Hauptverhandlung bei Gericht dabei sein. Ebenso können sie erklären, was bei einer Anzeige oder bei Gericht passiert. Vor allem sollen sie helfen, die seelische Belastung ein wenig zu verringern.

Psychosoziale Prozessbegleiter*innen sind keine Rechtsanwält*innen. Das heißt, sie vertreten die betroffene Person nicht rechtlich. Sie haben eine unterstützende und informierende Rolle.

Eine Psychosoziale Prozessbegleitung im Strafverfahren muss bei Gericht beantragt werden. Wenn sie genehmigt wird, bei Gericht sagt man beigeordnet, entstehen keine Kosten.

Eine Übersicht der Berliner Psychosozialen Prozessbegleiter*innen finden Sie hier.